Kangalfische Knabbertherapie?

Gara Rufa Knabberfische

Die Rötliche Saugbarbe (lat. Garra Rufa) ist in Seen und Teichen Eurasiens zu Hause. Sie gehört zur Familie der Karpfenfische und war hierzulande lange Zeit nur als Zierfisch bekannt. Der offizielle Name leitet sich von den rötlichen Flossen ab, die den 12-14 cm großen Fisch auszeichnen.

Außerdem wird der Süßwasserfisch gelegentlich als Kangalfisch bezeichnet, nach der türkischen Kangalregion, in der sehr viele Vertreter seiner Art beheimatet sind. Seine Ernährungsgewohnheiten und die damit verbundene Nutzbarkeit für den Menschen haben ihm zusätzlich die Namen Knabberfisch und Doktorfisch eingebracht. Ob der Mythos des Heilknabberns wahr ist, ist derzeit eher fraglich.

Wie funktioniert die Knabberfisch-Behandlung?

Das Prozedere der Knabberfisch-Behandlung ist recht einfach. Du hältst das Körperteil, das von Schuppen und Hornhaut befreit werden soll, in einen Schwarm Knabberfische und siehst zu, wie die abgestorbenen Hautschüppchen von den freundlichen Fischen abgefressen werden.

In der Türkei ist die Behandlung seit Jahrhunderten bekannt. Dort leben Schwärme der Garra Rufa frei in nährstoffarmen Gewässern und schlammigen Tümpeln, die die Bewohner der Region zum Baden nutzen und sich ganz umsonst an der natürlichen Schönheitskur erfreuen.

Importierte Knabberfische freuen sich auch in hiesigen Aquarien – sofern sie einer artgerechten Haltung entsprechen – am menschlichen Snack für zwischendurch. Die ersten Knabberfisch-Behandlungen waren tatsächlich als alternativer Therapieansatz bei schweren Hautkrankeiten wie Schuppenflechte (Psoriasis), Neurodermitis, Akne, Nesselsucht (Urtikaria) und Hautkrebsvorstufen (Keratosen) gedacht.

Bei einer klinischen Behandlung wird pro Patient eine Badewanne mit 32 bis 34 Grad warmem Wasser gefüllt und für eine Ganzkörperbehandlung ca. 150 Fische zugesetzt. Die Dauer einer Knabberkur beträgt insgesamt etwa vier Stunden täglich an mindestens 21 aufeinanderfolgenden Tagen bis zu vier Wochen.

In Kosmetikstudios und Wellnesszentren, die eine Doktorfisch-Pediküre anbieten, befasst sich ein entsprechend kleinerer Schwarm in einem Fuß-Bassin etwa dreißig Minuten lang nur mit deinen Füßen.

Empfiehlt sich die Knabberfisch-Therapie als Behandlung bei Hautkrankheiten?

Was als große Hoffnung begann, scheint derzeit leider mehr Ernüchterung als Erfolg hervorzurufen.

Tatsache ist: Die Fische stupsen gegen die Haut, was einer sanften Massage gleichkommt. Überschüssige Hornhaut wird dadurch gelöst und die Haut von Psoriasis-Patienten mit einer Langzeitwirkung von bis zu 18 Monaten „entschuppt“.

Das typische Kribbeln im Anschluss an die Sitzung könnte möglicherweise auf eine Stimulation der unteren Hautschichten hindeuten. Auch der Fakt, dass sich Hautpartien an Hals und Gesicht im Verlauf der Kur bei einigen Patienten besserte, ließe sich als Hinweis auf das heilungsfördernde Sekret der Fische deuten, das diese – ähnlich wie Stechmücken – beim Annagen eines lebenden Organismus‘ quasi als Beruhigungsmittel absondern.

Achtung!

Man muss allerdings betonten – und seriöse Kliniken tun das auch – dass die Knabberfisch-Therapie keinesfalls die Schulmedizin ersetzen kann. Meistens gibt es die natürliche Entschuppung in Kombination mit herkömmlicher Bestrahlung, Darmsanierung, Ernährungsumstellung etc.

Hinzu kommt, dass chronische Hautkrankheiten sehr individuell sind und Therapieerfolge von Fall zu Fall stark variieren können.

Die spezielle Form Psoriasis arthritis springt kaum auf die Behandlung an. Bei Fibromyalgie muss ebenfalls genauestens abgewogen werden, ob eine Behandlung vorteilhaft wäre oder ob eine Unterbrechung der bestehenden Therapie zugunsten der Doktorfische nicht mehr Zerstörung als Nutzen anrichten würde.

Bei Therapiekosten von rund 2000 Euro, die von keiner Krankenkasse erstattet werden, muss man schon genau abwägen, ob das im Einzellfall und gegenüber herkömmlichen Therapieansätzen wirklich empfehlenswert ist.

Ist die Knabberfisch-Behandlung im Studio möglich?

Das hängt ganz davon ab, wo du lebst und wie weit du fahren möchtest. In manchen Ländern ist die Therapie nicht einmal erlaubt.

Knabberfische Kangalfische

In Deutschland gibt es die Möglichkeit, in Kosmetik-Studios und Wellness-Zentren eine Knabberfisch-Behandlung anzubieten, sofern das Gesundheitsamt sein Zertifikat dazu erteilt hat. Einmal Füße-Abknabbern kostet zwischen 25 und 50 Euro.

Im Türkei-Urlaub dagegen brauchst du nicht extra ein Studio aufzusuchen. In den richtigen Städten stehen Becken mit Knabberfischen als Touristenattraktion auf dem Marktplatz. Die Benutzung kostet umgerechnet zwischen fünf und zehn Euro.

Auf welche hygienischen Aspekte muss ich im Studio achten?

Die Becken sollten mit Filter und UV-Entkeimer ausgestattet sein. Unbedingt muss darauf geachtet werden, dass die Füße gründlich gewaschen werden, bevor sie ins Fischbecken dürfen.

Außerdem sollte vom Personal deutlich darauf geachtet werden, dass die Füße gesund sind, denn Krankheiten können im Wasser und durch den Kontakt mit den Fischen sehr wohl übertragen werden. Auch kleine Wunden müssen vor der Behandlung unbedingt abgeklebt werden, weil es sonst auch schnell mal richtig blutig werden kann.

Kann ich Knabberfische selbst zu Hause halten?

Wenn du vorhast, regelmäßig eine Fischpediküre durchzuführen und bereit bist, die Tiere für ihre „Arbeit“ mit einer artgerechten Haltung zu entlohnen, kann eine wahrhaft symbiontische Mensch-Haustier-Beziehung daraus entstehen, die dir darüber hinaus die Kosten für ein Kosmetik-Studio erspart.

Folgende Dinge solltest du bei der Anschaffung beachten:

  • Knabberfische sind Schwarmfische. Du solltest mindestens zehn Fische zusammenhalten.
  • Willst du dir Kangalfische kaufen, soltest du die Tiere persönlich auswählen und auf ein gesundes Äußeres achten. Junge Tiere haben eine silbergraue Färbung mit den bereits erwähnten rötlichen Flossen. Mit zunehmendem Alter werden sie dunkelgrau oder dunkelbraun. Kranke Tiere erkennst du an Farbabweichungen, Lethargie oder Appetitlosigkeit. Auch wenn die Tiere den Namen Doktorfische tragen, sind sie selbst nicht vor Ansteckung gefeit. Ein kranker Fisch reicht normalerweise aus, um schnell den ganzen Schwarm anzustecken und auszumerzen.
  • Bei der Größe des Aquariums (dein Fisch Spa Becken) gilt die Faustregel „drei bis fünf Liter Wasser pro Fischzentimeter“. Für zehn Fische durchschnittlicher Größe solltest du also 360 Liter Wasser in ein Aquarium mit mindestens 120 cm Kantenlänge füllen.
  • Die Wassertemperatur sollte zwischen 28 und 30 Grad liegen. Du benötigst außerdem ein extra Behandlungsbecken, in das du die Fische bei Bedarf umsetzen kannst. Da die Wassertemperatur für die Behandlung sechs bis acht Grad wärmer sein darf, solltest du das Wasser im Aquarium mit dem Heizstab vorab entsprechend erwärmen, da die Fische keine plötzlichen Temperaturschwankungen schätzen. Der pH-Wert im Aquarium sollte zwischen 6,5 und 7,5 liegen, die Wasserhärte zwischen 8 und 12° dGH.
  • Als Futtermittel genügt Zierfischfutter, bei Jungtieren Staubfutter. Wenn du deine Knabberfische zwischendurch verwöhnen willst, kannst du ihnen Insektenlarven oder kleine Krebstiere zufüttern.

Fazit:

Wissenschaftlich bewiesen werden konnte der Vorteil der Behandlung gegenüber herkömmlichen Verfahren bislang nicht, daher übernimmt auch keine Krankenkasse die Kosten einer Knabberfisch-Kur. Medizinische Forscher gestehen ein, dass der unbestrittene Therapieerfolg in den natürlichen Gewässern der Türkei auch in Verbindung mit der dortigen Wasserqualität und dem Klima zusammenhängt, welches sich hierzulande eben nicht einfach kopieren lässt.

Bei eingehaltenen Hygienestandards kann die Behandlung mit Knabberfischen eine herkömmliche Entschuppung gesunder oder krankhafter Hautpartien zwar ergänzen und teilweise sogar ersetzen, einen wirklichen Vorteil gibt es aber nicht.